Fehlerkultur

Der Begriff Fehlerkultur beschreibt die Art und Weise, wie eine Organisation mit Fehlern umgeht. In einer positiven Fehlerkultur werden Fehler als Teil der Arbeit akzeptiert und als Chance zur Verbesserung genutzt.

Fehlerkultur

Der Begriff Fehlerkultur beschreibt die Art und Weise, wie eine Organisation mit Fehlern umgeht. In einer positiven Fehlerkultur werden Fehler als Teil der Arbeit akzeptiert und als Chance zur Verbesserung genutzt.

Eine positive Fehlerkultur kann dazu beitragen, dass sich die Mitarbeitenden wohler fühlen und besser arbeiten, während eine negative Fehlerkultur zu Unzufriedenheit, Stress und schlechter Leistung führen kann.

Von Alfred Krupp stammt das folgende Zitat: "Wer arbeitet macht Fehler, wer viel arbeitet, macht mehr Fehler. Nur wer die Hände in den Schoß legt, macht gar keine Fehler." Diese Aussage beschreibt die Tatsache, dass Fehler ein normaler Teil der Arbeit sind. Entscheidend ist der Umgang mit Fehlern. Dies bezeichnet der Begriff Fehlerkultur.

Der Weg zu einer positiven Fehlerkultur lohnt sich! Mit der Reifegradskala von Birgit Mallow und Dr. Gerd Kopetsch können Sie den Status Quo der Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen ermitteln und Sie erhalten Anregungen, wie sich eine positive Fehlerkultur etablieren lässt.

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Was ist ein Fehler?

Ein Fehler ist eine Abweichung von einem erwarteten oder gewünschten Ergebnis. Fehler haben die unterschiedlichsten Ursachen. Die häufigste Ursache von Fehlern ist mit 65% er Faktor Mensch, gefolgt von dem Faktor Technik mit 20% und dem Faktor Umwelt mit 15%. Fehler werden sich nie vermeiden lassen, denn der Mensch ist ein fehlbares und fehleranfälliges Wesen. Der Psychologe und Innovationsforscher Michael Frese fand heraus, dass jeder Mensch pro Stunde zwei bei fünf Fehler macht. (inkl. Tippfehler oder Flüchtigkeitsfehler).

Gründe für Fehler sind beispielsweise:

  • Arbeitsüberlastung: Hohe Beanspruchung durch ein großes Arbeitsvolumen verbunden mit Zeitknappheit führt dazu, dass Arbeiten weniger sorgfältig als nötig ausgeführt werden und deshalb Fehler auftreten.
  • Störungen: Störungen führen zu Unterbrechungen, die den Arbeitsrhythmus stören und verhindern können, dass sich Mitarbeitende voll auf die Arbeit konzentrieren.
  • Fehlerhafte Arbeitsorganisation und mangelnde Kommunikation: Beides sind Quellen von Missverständnissen, die dazu führen, dass Anweisungen und Anforderungen unterschiedlich interpretiert werden und somit zu Fehlern führen.
  • Routinefehler und Gewohnheiten: Dank Routinen handeln wir einerseits effizienter und schneller. Sie führen andererseits aber dazu, dass wir weniger aufmerksam und konzentriert arbeiten. Dadurch übersehen wir Veränderungen und die Routine erzeugt einen Fehler, wen sie nicht mehr zur Situation passt.
  • Mangelndes Wissen: Fehler entstehen dadurch, dass Wissen zur Ausführung der Tätigkeit fehlt.

Je schneller ein Fehler aufgedeckt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er beseitigt werden kann, bevor er sich negativ auswirken oder zu einem Folgefehler führen kann. Ein rasches Ausbügeln verhindert zudem, dass der Fehler hohe Wellen schlägt und einen Vertrauens- oder Imageverlust für das Unternehmen auslöst. 

Herkunft des Begriffs Fehlerkultur

Eine positive Fehlerkultur ist wichtig für den Erfolg einer Organisation. Es geht dabei um die Art und Weise, wie ein Unternehmen oder eine Gruppe von Menschen mit Fehlern umgehen. Eine positive Fehlerkultur kann dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende wohl sowie sicher fühlen und besser arbeiten, während eine negative Fehlerkultur zu Unzufriedenheit, Stress und Gehemmtheit führen kann. 

Eine positive Fehlerkultur bedeutet, dass das Auftreten von Fehlern generell akzeptiert und als Chance zur Verbesserung angesehen wird. Ein Beispiel dafür ist das Konzept des "Fail Fast" aus der agilen Softwareentwicklung: Hier wird experimentiert um zu testen und schnell zu erkennen, was funktioniert und was nicht. Was nicht funktioniert, wird umgehend angepasst oder verworfen.

Auch eine positive Fehlerkultur reagiert sensibel auf Fehler und kann zu Konsequenzen führen, insbesondere wenn ein Fehler wiederholt wird. Generell gelten Fehler jedoch als Teil des Lernprozesses, in dessen Rahmen sichergestellt werden soll, dass sie in Zukunft vermieden werden.

Der Begriff Fehlerkultur wurde in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften geprägt und bezeichnet die Art und Weise, wie Gesellschaften mit Fehlerrisiken, Fehlern und deren Folgen um-gehen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Fehlern begann in der 2. Hälfte des vorherigen Jahrhunderts mit der Untersuchung verschiedener kultureller Formen im Umgang mit Fehlern.

Herrschte bis zu den 1990iger Jahren in den westlichen Kulturen vorwiegend eine Fehlervermeidungskultur vor, begann aufgrund der Erfolge der Fehlerkultur in Japan ein Umdenken. Dies wurde besonders deutlich im Rahmen des Konzepts der Lernenden Organisation: Hier wurden Begriffe wie Fehleroffenheit, Fehlertoleranz und Fehlerfreundlichkeit geprägt. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt eine positive Fehlerkultur im Konzept des Empowerments, dessen Kern die Übertragung von Verantwortung auf Mitarbeitende ist.

Nicht zu verwechseln mit dem Begriff Fehlerkultur ist der Begriff Fehlermanagement. Dieser bezieht sich auf die Prozesse und Verfahren, die Organisationen einsetzen, um Fehler zu identifizieren, zu analysieren, zu bewerten und zu korrigieren, um ihre Auswirkungen zu minimieren oder zu beseitigen. Ein gutes Fehlermanagement beinhaltet die Implementierung von Maßnahmen, um Fehler zu vermeiden oder zu minimieren, sowie die Fehlerprävention, die darin besteht, durch Feedback aus Fehlern zu lernen und diese künftig zu vermeiden. 

Nutzen einer positiven Fehlerkultur

Eine positive Fehlerkultur ermöglicht es, dass Fehler als Chance zur Verbesserung oder sogar für einen Neuanfang genutzt werden. Die Vorteile einer positiven Fehlerkultur sind:

  • Es wird offensichtlich, was nicht funktioniert.
  • Unpassende Strukturen werden transparent.
  • Persönliche Schwächen oder die des eigenen Teams werden sichtbar,
  • Es gibt Hinweise auf tieferliegende Probleme. 
  • Ungenaue oder unterschiedlich interpretierte Ziele, Weisungen oder Umsetzungsschritte können modifiziert werden. 

Studien zeigen, dass eine positive Fehlerkultur die Zielerreichung und die Profitabilität von Unternehmen verbessert. Gründe dafür sind: Besseres organisationales Lernen, höhere Innovationskraft sowie verbesserte Qualität der Produkte und Leistungen. 

In einer positiven Fehlerkultur fühlen sich Mitarbeitende sicher, ihre Fehler einzugestehen und offen darüber zu sprechen. Sie wissen, dass Fehler menschlich sind und dass es mehr nutzt, aus ihnen zu lernen, als sie zu verstecken oder zu vertuschen. Mitarbeitende werden ermutigt, ihre Fehler zu melden und Lösungsvorschläge anzubieten. Insgesamt kann eine positive Fehlerkultur dazu beitragen, dass Mitarbeitende motiviert und engagiert bleiben.

Zudem erleichtert Sie es, dass die Organisation sich schneller an Veränderungen anpasst und innovativ bleibt: Sie ermutigt Mitarbeitende, neue Ideen zu entwickeln und auszuprobieren. Wenn eine Idee scheitert, ist dies kein Versagen, sondern eine Chance, etwas Neues zu lernen und eine bessere Idee zu entwickeln. Genau genommen sind Fehler Störungen, deren Wert darin liegt, dass den Status quo irritiert wird und sich dadurch neue Wege eröffnen. 

Fehler haben die folgenden positiven Effekte:

  • Durch Fehler lernt man dazu: Wer sich vor Angst vor Fehlern selbst einschränkt, vergibt die Chance, eigene Schwachstellen zu entdecken und diese auszugleichen.
  • Fehler stärken die Persönlichkeit: Je häufiger ein Mensch aus seinen Fehlern lernt, desto mehr wächst sein Gefühl von Selbstwirksamkeit und umso mehr schrumpft die Angst vor Missgeschicken.
  • Fehler helfen effizienter zu arbeiten: Wir finden durch Versuch und Irrtum Wege heraus, um besser zu arbeiten.
  • Fehler machen erfolgreich: Durch Fehler erkennen wir, was möglich ist und erschließen neue Ideen. Auf diese Weise vermeiden wir immer besser.

Folgen einer negativen Fehlerkultur

Negative Erfahrungen im Umgang mit Fehlern ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben vieler Menschen. Fehler werden mit unangenehmen Konsequenzen verbunden. Sie werden als Schwäche angesehen. Macht ein Mensch viele Fehler wird ihm Unvermögen, mangelnde Intelligenz oder fehlende Sorgfalt unterstellt. Eine negative Fehlerkultur bestraft Mitarbeitende für Fehler und hindert sie dadurch daran, Fehler einzugestehen. 

Die Angst vor Fehlern kann zur Verminderung des Leistungsvermögens, Denkblockaden und Krankheitssymptomen führen. Angst vor Fehlern führt zu übertriebenem Sicherheitsdenken und zu lähmt die Kreativität. Dadurch werden Innovationen erschwert und Potenziale bleiben ungenutzt. Das Streben nach fehlerfreien Entscheidungen führt dazu, dass diese verschoben und notwendige Maßnahmen nicht oder zu spät ergriffen werden. 

Instrumente einer positiven Fehlerkultur

Die folgenden Instrumente unterstützen eine positive Fehlerkultur:

  • Arbeitsnachbesprechung oder Manöverkritik: Nach dem Ende einer umfangreichen Tätigkeit wird reflektiert, was gut gelaufen ist, welche Fehler aufgetreten sind und was verbesserungswürdig ist (siehe Lessons Learned).
  • OnboardingOnboardingDer Begriff "Onboarding" kommt aus dem Personalmanagement und bezeichnet den Prozess der Integration neuer Mitarbeitender in Unternehmen – von der Unterschrift des Arbeitsvertrags bis zum Ende der Probezeit. Zum Onboarding gehören auch alle Instrumente, die diesen Prozess unterstützen.: Onboarding ist die systematische Einführung neuer Mitarbeitender in ein Unter-nehmen. Dadurch werden Fehler verhindert, die aus Unwissen über betriebsinterne Strukturen und Arbeitsweisen Fehler entstehen (siehe Onboarding).
  • Betriebliches Vorschlagswesen: Das betriebliche Vorschlagswesen oder Ideenmanagement ist ein System, um Mitarbeitende zu ermutigen, Ideen und Vorschläge zur Verbesserung von betrieblichen Abläufen, Prozessen oder Produkten einzubringen.
  • Qualitätszirkel: Das Konzept der quality circles beruht darauf, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben, Fehler in ihrem Arbeitsbereich zu benennen und Lösungen für deren Beseitigung vorzuschlagen.
  • Vier-Augen-Prinzip: Dies ist eine präventive Maßnahme, die darin besteht, dass eine geplante Handlung oder getroffene Entscheidung von mindestens einer weiteren Person überprüft wird. In der agilen Software-Entwicklung wird dieses Prinzip beim Pair-Programming umgesetzt. 
  • "Kotzrunde" in Meetings: Die sogenannte "Kotzrunde" gibt den Teilnehmenden in der Regel zum Abschluss eines Meetings die Möglichkeit, ihre Gedanken und Gefühle zu äußern, ohne Unterbrechungen oder Gegenargumente zu riskieren. Eine ähnliche Idee liegt den Fuckup-Meetings zugrunde, in denen Unternehmer:innen von ihren gescheiterten Projekte berichten und so dem Publikum die Gelegenheit geben, aus ihren Fehlern zu lernen. 

Implementierungsschritte einer Fehlerkultur

Jedes Unternehmen hat seinen eigenen Umgang mit Fehlern. Deshalb beginnt die Einführung einer positiven Fehlerkultur mit der Analyse der bestehenden Fehlerkultur. Dazu eignen sich Befragungen (siehe Befragung). 

Auf der Basis des Ergebnisses fällt die Unternehmensleitung die Entscheidung über die Einführung. Die Einführung selbst geschieht in Form eines Veränderungsprojekts. 

Eine Schlüsselrolle bei der Einführung einer Fehlerkultur kommt den Führungskräften zu. Sie müssen der Belegschaft die gewünschte Fehlerkultur vorleben. Das bedeutet sie müssen eigene Fehler offen eingestehen und die Mitarbeitenden auffordern, sie auf ihre Fehler aufmerksam zu machen.

Dazu benötigen die Führungskräfte ein großes Selbstvertrauen, denn sie müssen ihre Fehlbarkeit zeigen und das negative Feedback ihrer Teammitglieder begrüßen und ehrlich annehmen. Anschließend sollten sie aufzeigen, wie sie und das Unternehmen aus dem Feedback lernen.

Literatur

  • Kratz, Hans-Jürgen: Aus Fehlern wird man gut. Warum Irren menschlich ist und was Führungskräfte daraus lernen können, metropoitan, Regensburg 2021

 

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